So ÄrztInnenbesuche sind ja gemeinhin bildend und kontaktförderlich. Mensch trifft Menschen und kann wunderbar Sozialstudien betreiben, sich als SozialarbeiterIn betätigen oder selber krank oder kontaktbedürftig sei und sich betreuen lassen.

Mit Kindern unterwegs zu sein ist eh eine Quelle sozialer Kontakte und bei einer Kinderärztin im Wartezimmer zu sitzen beschert unglaubliche Einsichten. Über das meiste sollte mensch dann doch besser schweigen, gleichwohl für unsereins die Schweigepflicht nicht gilt. Für die PatientInnen und - gegeben falls - ihre Eltern auch nicht, was ich manchmal ernsthaft schade finde.

Hin und wieder sollte mensch dem medizinischen Personal selbst allerdings die Klappe verbieten. Wenn eine Mutter zur Arzthelferin am Tresen meint, dass sie in diesem Jahr nicht wiederkommt und die dann was von Grippewelle faselt und humorvoll sagt, sie würden sich noch frohe Weihnachten wünschen können in diesem Jahr, ist das mal schwarze Magie. Aber gut, davon muss ich das Kind nicht beirren lassen.

Spannender finde ich die Ärztin. Nachdem Jana meinte, dass sie doch häufiger erkältet ist seit der Geburt, fiel der Frau nix besseres ein, als zu Naira zu sagen, sie möge ihre Mutter nicht so aussaugen.
Klartext: Das Kind (noch nicht mal sechs Monate alt) wird verantwortlich gemacht dafür, dass die Mutter (über 30 Jahre) nicht ausreichend auf sich aufpasst. Und soll sein Verhalten ändern. Huhu Frau Weißkittel. Das Kind ist nicht verantwortlich zu machen für etwas was es nicht begreifen kann. Außerdem tut es, was Kinder eben tun, weil sie sind was sie sind.
Der Gedanke der Ärztin zu Ende gedacht heißt, das Kind soll nicht bekommen, was es braucht (mehr nimmt es sowieso nicht, kann es gar nicht) und ist durch pure Existenz (mehr ist es nicht) auch noch schuldig. Immerhin ist es mit seinen fünf Monaten dafür verantwortlich, dass die Mutter krank ist. Wenn das mal keine Überforderung ist.

Den Vogel des Tages hat aber die Mutter eines 14-monatigen Jungen abgeschossen. Als wir Naira im Warteraum ausgepackt haben, war sie gerade dabei den Kleinen wieder anzuziehen. Der jammerte die ganze Zeit rum, weil er vorher offenbar gespritzt wurde und sich offenbar in der einen oder anderen Art verletzt fühlte. Ich denke, eher in der anderen, psychischen Art.
Naira hat ihn einfach nur angelacht, wie sie das zur Zeit mit fast allen Leuten tut. Sacht die Mutter doch glatt zu dem Jungen, er sei ´ne Memme und das Mädchen würde ihn schon auslachen.
Genau Leute, macht Eure Kinder fertig. Macht einfach aus den kleinen Jungs harte Männer, die sich mit zwei Jahren schon schämen ihre Gefühle zu zeigen, mit sieben keine mehr wahrnehmen und mit 26 frühestens anfangen, die Schäden, die Ihr verursacht habt zu beheben. Wenn sie es denn überhaupt tun. Bis dato rennen sie als blöde Machos, wahlweise z.B. auch als Glatzen und die keinen Gedanken daran verschwenden können, warum ihr Leben so scheiße ist und warum sie das Leben der anderen, vorzugsweise der Frauen* (das *Mädchen lacht Dich aus, kleine Memme) auch zu Schrott machen müssen.
Statt dem Kind zu helfen, die Verletzung zu heilen, nutzt die Mutter die offene Wunde um gleich noch mehr Destruktion auf die nächste Generation zu kippen. Damit ähnlich wie es ihr passiert ist, aus Opfern TäterInnen werden die neue Opfer produzieren, die dann ... und so weiter.
Abgesehen davon, dass sie auch noch einem Kind, das gar nicht weiß, wie es seine Gefühle benennen soll, Inhalte (Auslachen) anbietet, die glatt gelogen sind.

Mein Vorschlag: Mit Kindern umgehen, wie im richtigen Leben - Erst denken, dann Maul aufmachen. Was Ihr sagt und tut wirkt ... bis in alle Ewigkeit. Reine Physik sowas.

So Dampf abgelassen.

Tom Mór, früher MdW :)